von Anett Roisch
Quelle: Volksstimme Haldensleben 19.09.2020
Bewohner des Etinger „Mariannenhofes“ bauen Klotzbeuten. Ihre Mission: Sie wollen Bienen ein natürliches Zuhause geben. Einige Menschen mit Handicap von der Evangelischen Stiftung Neinstedt beteiligen sich am Bienen- Projekt des Biosphärenreservates Drömling.
An einem Nachmittag pro Woche dreht sich auf dem Vierseitenhof der Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung alles um die summenden Honiglieferanten. Ein lautes Hämmern und Sägen dröhnt aus der Scheune. „Wir haben schon ein bisschen vorgearbeitet. Draußen erzähle ich euch, was wir heute vorhaben“, sagt Haiko Kuntze. Der Imker aus Berenbrock gehört zu den ehrenamtlichen Naturfreunden im Biosphärenreservat, die gemeinsam mit Reservatsmitarbeiterin Sabine Wieter und anderen Insektenfreunden das Bienenprojekt ins Leben gerufen haben.
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„Wir wollen den Bienen ein Haus bauen, in dem sie machen können, was sie wollen“, erklärt Claudia Stertz. „Wo haben denn die Bienen gewohnt, bevor die Menschen ihre Beuten gebaut haben?“ fragt Kuntze.
Nach seinen Ausführungen seien Honigbienen ursprünglich Waldbewohner, die am liebsten in Baumhöhlen wohnen. Natürliche Nisthöhlen können Bienen in den vorwiegend wirtschaftlich genutzten Wäldern kaum noch finden.
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Schnell einigen sich die Akteure auf die optimale Größe, Die runden Klotzbeuten funktionieren wie ein Energiesparhaus: Die Bienen leben in einem gleichbleibend angenehmen Klima. Einer natürlichen Behausung kommt ein runder Bienenkorb, der mit Kuhmist – der „Maibutter“ – umhüllt ist, schon sehr nah.
Für die Förster sei alles, was ein hohler Baum ist, schlecht. Für die Tiere in der Natur hingegen sei eine Baumhöhle sehr gut. Wieder in der Scheune angekommen, erzählt Kuntze von der Zeidlerei, einem Handwerk aus dem Mittelalter. Damals wurden Baumstämme ausgehöhlt und die Klotzbeuten als Bienenstöcke genutzt. In Deutschland sei die Zeidlerei ausgestorben, aber in den Wäldern von Weißrussland gäbe es das Handwerk noch. Die Polen hätten das Zeidlern wieder für sich entdeckt und gelernt, welches Handwerkszeug sie dafür brauchen.
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Nun gilt es für die Etinger, aus Baumstämmen – ähnlich wie vor 150 Jahren – Klotzbeuten zu bauen. Anders als damals ist, dass die Bienenfreunde nicht mit Seilen an den Bäumen hochklettern, sondern die Stämme auf der Erde liegen. Erst mal wird das Holz mit der Kettensäge in die richtige Länge gebracht. Mit Werkzeug, das dem von damals ähnelt,schlägt Patrick Hinz eine Spalte ins Holz. Kaum erwarten können es die anderen, diese Handwerkskunst zu testen und beim Aushöhlen des Stammes zu helfen.
Auch Heilerziehungspflegerin Kristin Klatt, die die Verantwortliche auf dem „Mariannenhof“ ist, balanciert nach altem Vorbild der Zeidler mit nackten Füßen über den etwa 250 Kilogramm schweren Stamm und schlägt das Werkzeug zielsicher ins Holz. Am Ende entstehen zwei Klotzbeuten. Einer der beiden Kolosse bleibt auf dem Gelände der Stiftung in Etingen stehen. Die Freunde der Lebenshilfe sollen ebenfalls Klotzbeute bauen, die dann in Zienau und Mieste postiert werden.
Eine weitere Beute wird auf dem Gelände in Kämkerhorst aufgestellt. Dieses Bienenhaus soll eine Glasscheibe bekommen, damit Besucher das Treiben beobachten können.